Stella …. nach 27 Jahren hat mein altes Mädchen heute leise SERVUS gesagt….
20 Jahre lang war sie an meiner Seite, durch meine Pubertät und mein Erwachsenwerden hindurch.
Sie war mein größter Spiegel, meine gnadenloseste Lehrerin, immer ehrlich und direkt. Ich hab so viele Fehler gemacht, und so vieles – auf die ganz harte Tour – lernen dürfen. Sie hat meine Schwächen entdeckt, bevor sie mir bewusst waren, und gnadenlos zugeschlagen – in jungen Jahren auch sprichwörtlich. Ich hab durch sie gelernt, bis ins Allerletzte konsequent zu sein, und im Gegenzug jeglichen Anflug von Jähzorn oder Wut blitzschnell aufzugeben – nicht nur einmal ist sie unter mir senkrecht auf den Hinterbeinen gestanden, grinsend, ich schwör euch, sie hatte soviel Spaß mit mir ahnungslosem Mädchen! Konsequente Strafe hat sie gebraucht, und ohne mit der Wimper zu zucken eingesteckt, Ungerechtigkeit und Unfairness hat sie beinhart abgestraft.
Ganz speziell war ihr Band zu meiner Sis, Barbara Di – quasi zwei Verrückte auf einem Haufen. Sie waren zusammen im Gelände unterwegs, jugendlicher Leichtsinn vor 15 Jahren mit steigendem Pony ohne Sattel, am Halfter. Ich bin derweil mit Filou langweilige Dressurkringel reiten gegangen…
Durch sie hab ich den Begriff „Hassliebe“ kennengelernt, ich hatte zeitweise so unendlich viel Angst vor ihr, und sie doch immer auf ihre spezielle Art geliebt.
In einem langen Weg haben wir zueinander gefunden – später reichte mein dezentes Räuspern, um Madame wieder zur Ordnung zu rufen.
In den letzten ca. 12 Jahren war sie ein grenzgeniales Lehrpony für sehr viele Erwachsene und Kinder, und ein ungalublich behutsames, umsichtiges Pony in der Reittherapie – geduldig und vorsichtig. Mild und nachsichtig, war sie nun gefürchtet für „Esel X“ – die Schlafposition, aus der schwächere Reiter chancenlos waren, sie herauszureißen. Fortgeschrittene Reiter mussten Blitschnell eine ruhige Hand erlernen, und Wendungen am Außenzügel einleiten – alles andere führte wiederum zu „Esel X“. Sie hat ihr Leben lang polarisiert, und wurde immer geliebt, oder gehasst – unter ihren Seelenmenschen hat sie sich herabgelassen, bis A-Dressur wirklich nett zu laufen – hübsch anzusehen war sie nie, die Mistflecken hat sie schon so verteilt, dass sie auch durch fünfmaliges Waschen weithin gelb leuchtend sichtbar waren. Dressur war halt doch nie was für sie. Unvergessen auch die Springtrainings, in denen sie wie ein 30jähriger Ackergaul über kleine Stangen stolperte – müde, lustlos und stur. Um dann, nach etwas Aufwecken, eifrig hinzuziehen und in allerallerfeinster Manier darüberzufliegen. Ein Mädchen der Extreme, das man besser auf seiner Seite hatte – dann aber war sie eine Partnerin durch Dick und Dünn- mit der Bedingung, die Anforderungen bitte schön immer im Grundlagenbereich zu halten.
Arbeitseifer war nie ihres – das Beste der Schritt-Geschicklichkeitsparcours mit kleinen Mädchen und vielen Leckerlies!.
Du, geniale, wahnsinnige, heiß geliebte alte Dramaqueen – ich weiß noch nicht, wie „PFERDE“ ohne „STELLA“ funktionieren soll? Du warst 20 Jahre lang die Erste – als großartige Herdenchefin, und erstes Herzenspferd. Dass du mir immer sehr wichtig warst, war mir klar – wie sehr, wurde mir aber glaube ich erst in den letzten Tagen verdammt schmerzhaft bewusst, als ich mich endgültig von dir verabschieden musste. Es war grausam und schmerzhaft, und doch Ehrensache, dich gehen zu lassen, das Unvermeidbare nicht aufzuschieben.
Schnell und schmerzlos hast du einen würdigen Abgang hingelegt. Schwere Beckenverletzung, bam, Ende.
Ich hab dich lieb – viel Spaß auf der anderen Seite vom Regenbogen, wo das Gras bis zum Bauch steht, und auch dicke Ponys nie platzen!
Ich vermiss dich, Große, du wirst uns Allen schrecklich fehlen!
Stephanie
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